Langsam müssen wir uns auf den Weg nach Kiel machen, dem Endpunkt der Reise und so kommt zum ersten Mal Wehmut auf. Es geht dem Ende zu und wir stellen fest, dass es mal wieder viel zu schnell ging und wir nicht ausreichend Zeit hatten, um alles zu erkunden.
Nach einigen Überlegungen und Sichtung der Wetterberichte für die kommenden Tage, entschließen wir, den Anker doch noch zu heben und verlassen diese wunderschöne Bucht vor Aerosköbing.
Unser Ziel ist Maasholm in der Schlei. Wir schmeißen den Grill an und fahren unter Maschine in den Sonnenuntergang. Das leise Tuckern des Diesels und das Zischen des Fleisches auf dem Grill sind unsere Begleiter, als wir an der Nordküste von Aerö vorbeifahren und die Insel langsam im Kielwasser zurück lassen.
Es liegen ca. 35 sm vor uns, so dass wir gegen Mitternacht in Maasholm sein sollten. So kriegen wir noch ein paar Stunden erholsamen Schlaf, bevor wir dann weiter nach Kiel aufbrechen – so der Plan. Die Überfahrt gestaltet sich traumhaft – beste Windbedingungen bringen uns wieder zurück nach Deutschland.
Ich war noch nie in der Schlei und kenne daher weder die Einfahrt noch das Fahrwasser. Wir kommen wie geplant so gegen Mitternacht an der Schlei-Mündung an. Sie wird in den See-Handbüchern als sehr eng beschrieben und es wird vor dem Flachwasser direkt neben dem betonnten Fahrwasser gewarnt. Verlässt man den Tonnenstrich, sitzt man sofort auf. Das Fahrwasser bzw. die Rinne wird ebenfalls als sehr eng beschrieben, aber eine Nachtansteuerung ist grundsätzlich möglich. Das erinnert mich an Rügen, wo neben dem Fahrwasser die Vögel im Wasser standen.
Wir nähern mich also der Schlei-Mündung und ich versuche die Leuchtfeuer denen in der Karte verzeichneten zuzuordnen. Eigentlich einfach, es soll ein Sektorenfeuer LFL 20S mit den Sektoren WRG geben. Dieses ist auch kaum zu übersehen! Daneben befindet sich ein weiters Molenfeuer Rot – ist noch nicht zu sehen, kann ja noch kommen. Damit man nicht auf die Untiefen vor der Schleimündung aufläuft, gibt es noch eine vorgelagerte Ansteuerungstonne OC(4) – von dort aus bleibt man im weißen Sektor des Sektorenfeuers – das klingt doch gar nicht so schwer.
Wo ist nur dieses OC(4) ich sehe nur ein Q(9) – Q(9)? ein West-Kardinal, an einer Ostküste? Das würde ja bedeuten, dass ich diese zwischen Tonne und Küste befahren müsste. Da muss es doch wenigstens passende Ost, Süd und Nord Kardinalszeichen geben – sonst dürfte ich ja die komplette Ostsee nicht befahren? Es ist kein anderes Zeichen zu sehen und in der Karte gibt es an der ganzen Küste keinen West-Kardinal. Ich nehme die Geschwindigkeit heraus und taste mich langsam vor. Die Tiefen stimmen mit der Karte überein – aber nirgends ist die Ansteuerungstonne auszumachen und der West-Kardinal kommt immer näher – und ich befinde mich östlich von ihm – scheiß Gefühl.
Ich entschließe erst einmal auf die Tonne zuzuhalten und achte auf die umliegenden Untiefen. Des Rätsels Lösung sehe wir, als wir direkt neben der Tonne sind und diese mit dem Suchscheinwerfer ausleuchten. Irgendein Spaßvogel hat die Kennung geändert, vor uns liegt die gesuchte Ansteuerungstonne, getarnt als Untiefentonne! Sehr lustig!
Nun halte ich mich an den weißen Sektor, aber wo ist das rote Molenfeuer? Ich kann nur das Sektorenfeuer ausmachen, dass auf der Stb.-Mole stehen soll. Auf der Bb.-Mole sehe ich nur einen ca. 10.000 Watt-Strahler, der uns blendet und so jegliche Sicht auf die Einfahrt nimmt. So wissen wir selbst wenige Meter vor der Einfahrt in die Schlei nicht, ob wir gleich auf eine Mole fahren oder tatsächlich die Einfahrt vor uns liegt. Als wir endlich die Einfahrt passiert haben, tasten wir uns suchend durch das tatsächlich sehr enge Fahrwasser, das auch nur notdürftig beleuchtet ist. Ein Segen stimmen diesmal die Angaben auf meinem Plotter mit der Realität überein und wir kommen sicher nach Maasholm. Das ganze hat uns zwar zwei weitere Stunden gekostet, die wir hätten bereits schlafen können, aber wir sind froh angekommen zu sein und entschließen uns kurzer Hand vor dem Hafen den Anker fallen zu lassen und fallen ziemlich erschöpft ins Bett.
Die Nacht ist ruhig aber auch kurz. Wir ankern über Fischernetzen, die wir im Dunkeln nicht gesehen haben. Der Fischer scheucht uns auf und so entschließen wir die Chance zu nutzen, legen direkt ab und machen uns auf den Weg nach Kiel. Am Tage sieht die Schlei-Mündung hingegen unspektakulär aus. Ich denke auch, wenn man sie bereits schon einmal bei Tage gesehen hat und die lustigen Scherze der Wasserschutzbehörde kennt, fällt die Ansteuerung bei Nacht wesentlich einfacher…